Ich bin wiedergeboren und das Gleichgewicht?

„Und Rokea? Was… denkst du von deinem neuem Aussehen?“ fragte Lara, die einen großen Spiegel vor die Tierfrau hinstellte. Wenn Rokea selber nicht wüsste, was man ihr „angetan“ hatte, dann wäre es definitiv eine fremde Frau gewesen.

Man hatte ihre langen Haare zu einem Zopf geflochten und sie trug ein großes einfaches Kleid, dass bis zu ihren Füßen reichte. Das Kleid hatte unterschiedliche Motive gehabt und sie selber nicht so genau wusste, was es überhaupt war.

Auf jeden Fall wedelt ihr großer Stachelschwanz aufgeregt hin und her. „Das… bin ich?“ legte Rokea eine Hand auf ihre Wange. Man hat sogar an ihren Hörnern eine kleine Schleife angelegt.

„Und wie du das bist. Wette, wenn du an den anderen Behemoths vorbei gehst, werden sie dich definitiv nicht erkennen.“ grinste Sherry zufrieden. „Kein Wunder, wenn du und dein Clan irgendwie nur die gleichen Stoffklamotten tragen. Wundere mich, dass bei der Eintönigkeit, keiner längst selber angefangen hat, Klamotten herzustellen.“

„Vor allem hat Lara dir nur die Haare gemacht. Normalerweise würde man auch dein Gesicht schminken und deine Nägel lackieren. Denke… für den Anfang reicht das aus. Einfach zu wissen, wie man die Haare machen kann. Der Rest… hängt nun von dir ab, ob du weiterhin einfach nur… die alte und langweilige Rokea sein willst oder eine modernere Rokea.“ nickte Neia.

„Ich kann dir noch ein paar andere Haarstile beibringen, wenn du möchtest. Sie sind alles keine großen Kunststücke, die kann auch eine ungeschickte Person umsetzen.“ fügte Lara hinzu. Während Rokea irgendwie immer noch nicht glauben kann, nutze Sherry die Chance und machte ein paar Fotos.

„Schade das Zada nicht da ist. Sie würde bestimmt auch ihre Meinung sagen wollen, welche Ledersachen dir passen könnten.“ seufzte Lara noch, während sie selber ein Lederkleid trug.

„D… danke.“ murmelt Rokea ganz leise, aber jeder konnte die Freude heraushören. „Danke… dass… ihr so freundlich seid.“

„Keine Sorge, dass ist eigentlich eine normale Tätigkeit, die jede Frau macht. Wir wollten dir das nur Nahe legen, weil wir den Eindruck hatten, dass man… es dir nicht so richtig beigebracht hat.“ legte Sherry ihr eine Hand an den Arm. Normalerweise eher auf die Schulter, aber Rokea ist einfach zu groß.

„Komm, schauen wir doch mal, was Sina davon hält.“ schlug Sherry vor. Einige Zeit später standen die Damen vor der Haustür der Monstervilla und Sherry merkte schon jetzt, dass drinnen eine Todesstimmung herrscht. „Oh je… irgendwas ist passiert.“

„Wie meinst du das?“ wundert sich Rokea. „Glaub mir… wenn man hier lange genug lebt, lernt man schnell die Anzeichen zu erkennen, dass wieder was passiert ist. Vermutlich hat Sina irgendetwas wieder mitbekommen und lässt ihre Emotionen jeden spüren.“ erklärte Sherry und trat ein. Wie recht Sherry hatte.

Im Wohnzimmer fand sie Sina vor, die ihre Beine mit den Armen umwickelt hat und an der Seite umarmte Kyllia sie. Lisa stand etwas abseits und wirkte mehr oder weniger verloren, während Lysa… einfach nur Sherry zunickte.

„Sina? Was ist wieder passiert?“ kam sofort die Frage von Sherry, als sie mit Neia und Rokea das Wohnzimmer betrat. „Mama! Suki meint, ich soll mich gründlicher waschen, ich würde stinken!“ schrie eine Frau vom Badezimmer runter. „DAS STIMMT ÜBERHAUPT NICHT!“ schrie Suki ebenfalls.

„Das ist los.“ murmelt Sina und blickte Sherry ängstlich an. „Es gibt mal wieder Probleme und der Problemgott meinte, ich hätte scheinbar noch genug freie Kapazitäten.“

„Eh… was?“ setzte sich Sherry neben Sina. „Wie wäre es, wenn du dich etwas klarer ausdrückst?“ Auf einmal erschien eine halbnackte, komplett durchnässte Dämonin vor der Tür. Suki hielt ihr ein Handtuch hin, damit sie nicht ihre Blöße zeigte. „VERDAMMT RURI! Du benimmst dich wirklich wie ein Kind!“ „Mama! Suki ist gemein zu mir!“

Auf einmal entstand eine Eiseskälte im Raum und jeder starrte Sina an, wie sie wütend wurde. „Ruri… entweder… du benimmst dich… oder du schläfst auf der Straße. Auf dieses Theater… habe ich echt kein Bock. DU hörst SOFORT auf deine ältere Schwester Suki.“

Ruri bekam nasse Augen und musste schwer schlucken. „Ja… Mama…“ Suki seufzte nur und führte Ruri wieder ins Badezimmer, die ihre Flügel und Schwanz hängen ließ. „Erm… Mama?!“ hakte Sherry nun energisch nach.

Sina brauchte ein paar Ansätze, bevor sie sich Sherry widmet. „Sherry… Ruri „war“ die Tochter von Kajar. Wenn… du dich vielleicht noch erinnerst…“ fing Sina an zu erzählen, wer und was Ruri war, bevor sie zu einem Chaosdämon wurde.

Rokea und Neia sagten nichts, rissen aber erstaunt die Augen auf, dass Sina in der Lage war, jemanden zu einem Chaosdämon zu verwandeln. Sherry hörte ihr mit einem Ohr zu, als Sina dann erklärte, dass sie eine Flüssigkeit absonderte, wenn sie jemanden beißt. Das Zaubermädchen schaute auf ihre Hand, wo Sina sie immer gebissen hatte.

Die Dämonenkönigin ließ die Tränen fallen und verhaspelte sich manchmal bei der Erklärung, aber man sah ihr an, dass sie wieder voller Schuldgefühle war. „Layla… meint, dass du… wegen des Wassers der Jugend dich nicht mehr verwandeln kannst aber…“

Auf einmal hielt Sherry wieder ihre Hand vor Sina´s Gesicht. „Sina… trink mein Blut.“ Erstaunt schauten alle Sherry an, aber sie sah todernst aus. „Sherry? Hast du eben nicht zugehört? Was…“ fiel der Mund von Sina leicht runter.

„Sina. Angenommen, ich würde ebenfalls zu eine Chaosdämonin, dann wäre es so. Dann könnte ich zumindest fliegen wie du und deine Rasse sogar eher verstehen. Doch sieh mich an. Ich bin immer noch ich und unverwandelt. Lady Layla hat vermutlich recht, denn sooft… wie du von meinen süßen Blut getrunken hast, wäre ich schon längst ein Chaosdämon geworden.

Also hör auf mit den Schuldgefühlen, die du dir selber gibst. Das konnte doch niemand ahnen, das ein Mischling wie du etwas erschaffen kann. Vielleicht ist es sogar Schicksal, dass eine weitere Veränderung in der Welt stattfindet.“ schaute Sherry ernst in die Augen von Sina.

Diese schaute ebenso in die Augen von Sherry, während eine Hand vor die Nase gehalten wird. Jeder schien abzuwarten, wie Sina sich entscheidet, als sie langsam den Mund öffnet und dann anschließend rein beißt.

Sherry verzog einmal kurz das Gesicht vor Schmerzen, ließ es aber kommen. Jeder sah nun, wie Sina das Blut aus der Hand saugte. Kyllia bekam auf einmal sehr rote Wangen und lächelt unsicher Lisa an.

„Es tut mir leid, aber bei Sinas Gefühlen… ist es immer ein hoch und runter.“ murmelt Kyllia und Lisa rollte nur ihre Augen. „Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass wir dieses Band zwischen euch trennen sollten. Es geht mir etwas… auf den Keks, dass jemand anderes dich glücklich machen kann.“ meinte Lisa.

„Oh? Scheinbar kann Lisa auch Eifersüchtig werden.“ dachte Lysa und schaute sich den Prozess zwischen Sina und Sherry in Ruhe an. „Hm… ob ich die Stoffproben meiner Mutter schicken soll?“

„Das ist übrigens normal hier Rokea.“ flüstert Neia dies hoch zur Tierfrau. „Irgendetwas saukomisches passiert und Sherry tröstet Sina auf ihre spezielle Art und Weise.“ „Scheinbar… hat Sina es auch nicht unbedingt einfach.“ murmelt Rokea.

Die Dämonenkönigin ließ die Hand wieder los und stand mehr oder weniger wieder unter Drogen. „Wie… machst du das nur Sherry? Du bist mein einziger Anker zur Normalität, wenn du…“ „Talent? Oder ich habe einfach ein gutes Gespür, wie ich in solchen Situationen am besten mit dir umgehe.“ streichelt Sherry eine Wange von Sina.

„Mama! Diese Kleider sind komisch!“ störte Ruri in ihrem Kimono den Frieden wieder. Sina schloss sofort die Augen, jeder sah es ihr an, dass sie sich beruhigen musste. „Lysa?“

„Ja Lady Sina?“ bekam Lysa auf einmal eine ganz böse Vorahnung. „Ich möchte, dass du Ruri die Etikette des Benehmens beibringst. Keine Ahnung wie Ruri früher war, aber das geht nicht. Irgendwann kommt sie noch in mein Schlafzimmer, wo ich wirklich meine Ruhe haben will.

Zeitgleich fängt sie morgen mit Neia an, die nächste Trainingsphase anzugehen. Sobald Ruri ihre Trainingsstunden am Feld durchgezogen hat, wirst du ihr Etikette beibringen… egal wie. Es sei dir auch erlaubt, sie notfalls zu Bestrafen.

Das gilt auch für dich Ruri… Du hörst nun nicht nur auf Suki, wenn sie dir was sagt, sondern auch auf Lysa. Es hängt ganz von dir ab, wie sehr du gedemütigt werden willst. Ertrage es und denk nicht mal daran, deine neue Stärke gegen meine Leute einzusetzen.“

„Ich… kann es machen.“ nickte Lysa langsam und schaute die schockierte Ruri an. „Wie ihr es schon gesagt habt, es hängt alles von ihr ab. Ich denke, ich werde ihr die vampirische Etikette beibringen, denn Mutter hat mich ja so erzogen.“

„Wunderbar…“ war Sina zufrieden und bemerkte nun, wie Rokea aussah. „Du siehst sehr hübsch aus Rokea. Damit können wir morgen dich zur Stelle bringen, wo du die nächste Zeit arbeiten wirst. Immerhin habe ich dir ja angeboten, Verantwortung übernehmen zu lernen.“

„Erm… danke?“ murmelt Rokea. „Warte… wie meinst du das mit dem Arbeiten? Ich habe in meinem gesamten Leben nicht einmal gearbeitet!“

„Dann Glückwunsch? Du wirst nicht drum herum kommen, arbeiten zu dürfen. Keine Sorge, es ist ein Arbeitsfeld, wo du zurechtkommen wirst. Himmel… ich habe es… nicht einfach. Erst Gair, dann Ruri, ich weis nicht wie das weiter gehen soll“ seufzte Sina.

„Das hast du jetzt gesagt.“ meinte Sherry nur. Am nächsten Morgen standen Sina mit Neia und Ruri in dem großen Feld mit den Steinsäulen, die alle mit Seilen verbunden worden sind. Neia trug wieder die Trainingsklamotten, während Ruri normale Stoffklamotten an hatte.

„Folgendes: Normalerweise wollte ich mit dir gemeinsam dein Gleichgewicht üben Neia, aber aufgrund dass dieses Gebiet, wie mir in den Sinn kam, Rokeas Übungsplatz für ihre Tierform sein wird, muss ich leider etwas ändern.

Phase Eins ist für dich abgeschlossen, du kannst deinen Körper so nutzen, wie deine Eltern ihn dir geschenkt haben und bist definitiv nicht mehr so steif wie ein Brett zu Beginn.“ lobte Sina ihre Blutelfe, während Ruri still daneben stand.

„Nun… dank dir bin ich ja dazu in der Lage. Hätte nur… egal.“ schaute Neia ihre Trainingsklamotten kurz an. „Was genau sollen Ruri und ich tun?“

„Ihr beide werdet euch immer wieder auf die Säulen bringen und über das Seil klettern, dass zu einer anderen Säule führt. Sowohl du als auch Ruri habt kein Gleichgewicht, egal ob du Neia jetzt Saltos oder ähnliches kannst oder ob Ruri mit ihrem neuen Körper Probleme hat.

Bei dieser Art von Übung geht es um mehrere Dinge: Die Angst vor der Höhe zu nehmen, wenn ihr über die Seile geht. Beim Überqueren der Seile eurer innerliches Gleichgewicht zu finden sowie solltet ihr mal stürzen, herauszufinden, wie man am besten stürzt, ohne sich zu verletzten.

Einige Seile sind sehr fest gezogen von Suki, andere sind sehr locker, das sieht man ja. Ihr werdet beide am Anfang nur die strammen Seile nehmen, denn ihr WERDET stürzen, ob ihr wollt oder nicht. Der Vorteil hier ist… aufgrund dass die Natur dieses Feld zurückerobern wollte, sind überall Büsche und Sträucher, daher „sollte“ der Sturz als solches keine Probleme machen.

Ruri macht das deswegen mit, weil sie ebenfalls ihr Gleichgewicht finden muss und hoffentlich bringt das Training sie auch dazu, ihre Flügel zu benutzen, damit sie selber fliegt. Sie mag zwar ein Chaosdämon sein, aber ich tippe eher darauf, dass sie selbst eine Sukkubus ist wie ich.“ flog Sina auf eine Säule nach ihrer Erklärung und machte den beiden Damen es vor.

„Ihr könnt von Glück reden, dass… ihr es etwas einfacher habt. Bei den Dämonen hast du eine Woche Zeit, dein Gleichgewicht zu finden, anschließend gehst du über Seile, wo im Untergrund Speere verteilt sind und… naja. Sagen wir einfach mal, damit kann man die „schwachen“ Dämonen aussortieren.“ tanzte Sina auf dem Seil. „Mir gab man nur drei Tage Zeit…“ dachte die Dämonenkönigin noch.

„Und… das hilft mir bei meinen Ziel als „Klingentänzerin“?“ zweifelte Neia etwas unsicher. „Aber so was von. Du musst IMMER damit rechnen, in einer Umgebung zu kämpfen, die in Bewegung stattfindet. Erdbeben, Sturz aus einer Höhe und ähnliches.

Du bist keine Magierin mehr mit diesem Kampfstil, sondern eine Nahkämpferin mit einer extremen Auswahl an Magie. Ich gedenke, dass ich auch die anderen Damen hierher schicken lasse, denn es ist letztendlich egal, was für einen Kampfstil man hat.

Wenn man sein Gleichgewicht im Griff hat, keine Angst vor Höhen besitzt sowie Techniken kennt, richtig zu landen, dann sind es doch nur Vorteile für alle. Am nächsten kommen noch die Matrosen, Fischer und ähnliches, die auf ihren Booten sicher keinen ruhigen Boden unter sich haben. Denk mal, wenn die einen Sturm haben, wie alles hin und her schaukelt.“ erklärte Sina. Dann sprang sie und hielt sich mit einer Hand am Seil.

„Das sind die fortgeschrittene Techniken mit dem Gleichgewicht.“ fügte Sina hinzu und machte mehrere Kunststücke, wie sie anschließend wieder auf dem Seil landete. „DAS Neia musst du zumindest am Ende können.“

„Eh… ok? Das wird aber vermutlich länger dauern, als Spagat oder Saltos.“ schluckte Neia und Ruri war immer noch schweigsam. „Nun komm schon. Nur weil deine Mutter dich gestern angefahren hat, brauchst du nicht die ganze Zeit ruhig zu bleiben.“

„Ich bin nicht ihre Mutter…“ seufzte Sina. „Ruri, ich werde mich nicht entschuldigen, doch du musst selber merken, als fast ausgewachsene Dame, dass dein Verhalten irgendwann… übertrieben war. Würde mir nur wünschen… wenn ich eine etwas normale Person vor mir hätte. Hoffentlich schafft Lysa das.“

„N… natürlich Mutter.“ murmelt Ruri. Was die drei Damen nicht bemerkten ist, wie weit entfernt eine Katzengruppe sie beobachtet.

„Was… genau machen sie da?“ wundert sich Sumi. „Ich habe mich sowieso schon gewundert, warum Suki hier Seile an den Säulen angebracht hat.“

„Hmm… sieht so aus, als sollten sie das Gleichgewicht oder so finden. Nur… warum so kompliziert?“ hielt Cixo den Kopf schräg. „Es gibt doch einfache Methoden und… bei der Höhe brechen sie sich doch eher das Genick.“

„Wie fühlst du dich eigentlich nun Hiro?“ fragte Neria die frisch verwandelte Vampirin Hiro. „Eigentlich ganz gut, nachdem… ich nicht mehr die Nebenwirkungen des Blutes in mir spüre. Das… macht einen echt irgendwie süchtig dieses Gefühl.“ bekam die Katzenfrau mit den weißen Fellhaaren rote Wangen.

„Das kann ich sehr gut verstehen.“ nahm Neria eine Hand von Hiro. „Sag… was war dein Wunsch vom Bluttyp eigentlich gewesen?“ Sofort drehten sich Sumi und Cixo bei der Frage zu Hiro um, denn das interessierte sie ebenfalls brennend.

„Erm… muss ich es sagen?“

„Nun… wenn wir eh alle Zeit haben, sollte ich zumindest mich darauf einstellen, in was du dich in der Zukunft verlieben könntest. Nicht das es irgendein dicker Kerl ist.“

„Erm… ich habe einfach nach dem Blut gefragt, was du getrunken hast.“

„ … EH?!“