Ich bin wiedergeboren und die Vergangenheit?

Während sich die Welt weiter drehte, saßen Sina und Rokea nun alleine im Wohnzimmer. Die Behemoths werden von Suki zu ihrem neuen Zuhause gebracht, nun herrschte eine Stille im Zimmer.

„Möchtest… du dich nicht lieber zu mir setzen?“ bot Sina ihren Sesselplatz an, denn irgendwie nervte diese Stille. Rokea starrte sie kurz an, dann setze sie sich neben ihre Rivalin, selber nicht wissend, warum sie es macht.

Wieder herrschte eine Stille. „Rokea… du kannst es ruhig raus lassen. Du bist jetzt alleine.“ kam der nächste Versuch von Sina, ein Gespräch zu starten. Die Tierfrau konnte sich bremsen, die Dämonin anzuschauen und schaute konzentriert in den Garten.

„Nitir und seine Freunde sind… eigentlich nett, doch so wie sie mit dir umgegangen sind, müsste ich annehmen, dass du nicht ganz unschuldig in dieser Sache bist. Nun, wenn ich raten müsste, bist du mit der Situation sehr überfordert oder?“ setzte Sina sich so um, dass sie Rokea anschauen konnte.

Leider sagte Rokea immer noch nichts und strapazierte nun langsam die Geduld von Sina. „Von dem bisschen was ich gehört habe sowie unserem Kampf und deine Vergangenheit, hat man dich ja immer gut im Auge behalten.

Nun hat man dich… irgendwie ins kalte Wasser geworfen und bist auch noch von deinem Vater getrennt worden. Keine Ahnung ob es deine Vorstellung nach „Freiheit“ ist, aber so wie du hier stur sitzt…

Lass es raus Rokea. Wir haben unseren gemeinsamen Kampf hinter uns und sollten vielleicht diese Rivalität beiseite schieben, denn ehrlich? Die Knallköpfe haben nicht gemerkt, dass du die ganze Zeit am Weinen bist.“ legte Sina ihr eine Hand auf die Schulter.

Rokea starrte weiter in den Garten, ließ aber nun ihren Tränen freien Lauf. „Sina… seit… dem Tod meiner Mutter wurde ich von allen nur an der Leine gehalten. Alle… waren zwar freundlich, aber… die Angst sah man in den Augen von allen.“ öffnete Rokea sich nun.

„Vater hat mir es verziehen, doch sah man auch immer eine Trauer in seinen Augen. Nicht nur wie ich geworden bin, sondern auch wie andere mich behandeln. Normalerweise werden starke Kinder wie ich besonders behandelt… Tz… eher war es das Gefühl eine Außenseiterin zu sein.

Alle hatten großen Schiss gehabt, wenn ich von jemandes Trainingspartner wurde. Angst, dass ich ihn töten könnte oder ähnliches. Dabei ist es doch normal, dass wir in unseren Trainingsstunden die Knochen mal brechen können.

Tja, wie dem auch sei. Vater hat meine Ausbildung selber übernommen und wie du in unserem Kampf bemerkt hast, habe ich ihn sehr schnell als Kind übertroffen. Wenn ich raten müsste, könnte es an meiner ersten Verwandlung als Behemoth gewesen sein. Das gewisse… Grenzen gebrochen wurden und ich an die jetzige Stärke gekommen bin.

Ich will nicht abstreiten, dass ich anfing, früh die anderen Behemoths zu hassen. Ihre Angst sowie ihre Schwäche… kotzten mich regelrecht an. Wusstest du, dass ich ein Anwärter zu einem Champion war?

Himmel, ich wusste nicht, dass ich so schwer kotzen konnte, als man mir mitteilte, dass Nitir diesen Titel bekommen hat. Die Gründe waren relativ einfach: Aufgrund meiner Natur sowie die mangelnde Entscheidungskraft, fiel die Wahl auf Nitir.

Neid, Eifersucht, sucht dir was aus, aber das hat meinen Hass zu meinen eigenen Clanleuten nur gefördert. Hätte ich meiner Mutter das Versprechen damals nicht gegeben, auf Vater zu achten… Wer weiß, ob ich nicht auch angefangen hätte, ihn zu hassen. Immerhin hat er dies so entschieden.“ erklärte Rokea sich, Sina hörte ihr nur zu.

„Die Zeit verging, alle gingen mir aus dem Weg. Keine Ahnung wann ich meinen letzten richtigen Streit mit jemandem aus dem Clan hatte. Ok, könnte daran liegen, dass ich ihm alle Knochen gebrochen habe und anschließend in einen strömenden Fluss geworfen habe. Vater hat ihn gerettet und ich durfte mir wieder mal was anhören.

Wie dem auch sei, der Tag kam, um zu entscheiden, wer alles in der Gruppe für das tausendjährige Turnier teilnehmen soll. Alle dachten, dass ich definitiv auch ein Teil war sowie ich auch. Weißt du was an diesem Abend passierte?

„Rokea. Wir wissen alle, dass du die Kraft einer Götterbestie hast, aber keine Kontrolle darüber. Wenn wir dich einsetzen, werden alle sterben.“ sagte mein Vater mir ins Gesicht und wollte schon sagen, dass ich kein Teil der Gruppe werde.

Doch ich hatte die Schnauze voll gehabt. Ich durfte nicht raus, ich durfte mich nicht frei entfalten. Ich muss diese Ringe tragen und darf unter keinem Umständen gegen jemanden kämpfen. Scheinbar hat mein Vater mir das am Gesicht angesehen und änderte seine Meinung im letzten Moment.

Denn ich war bereit zu töten und wenn ich meinen Clan so stark reduziert hätte, dass ich in der Auswahl stand. Den Blutdurst hat mein Vater wohl gemerkt und hat somit allen das Leben gerettet.“ fielen die Tränen immer noch aus den Augen von Rokea raus.

„Leider… wie du es selber mitbekommen hast, stand ich in der Ersatzliste. Damit hat mein Vater mich mehr oder weniger ausgetrickst. Nun habe ich mehrmals… deinen Namen gelesen und mir die Frage gestellt, ob du auch an diesem Turnier teilnimmst.

Ich kann mich überhaupt nicht erinnern, jemals zu den Göttern gebetet zu haben. Egal, ich wünschte mir nur… dass auch du daran teilnimmst. Damit ich ENDLICH mal gegen jemanden kämpfen kann, der auf meinem Niveau ist.

Tja… mein Wunsch wurde erfüllt und ich habe verloren. Meine Gefühlswelt stand still. Wusstest du… dass ich noch nie verloren habe? Dann habe ich nochmal verloren bei diesem komischen Wetttrinken… gegen ALLE!“ schnaufte Rokea durch die Nase.

„Hätte nicht gedacht, dass man so schnell und oft hintereinander verlieren kann und dann tat mir der Kopf am nächsten Tag noch so weh. Keine Ahnung was Vater mit den anderen beredet hat, aber unsere Heimreise war… ziemlich still gewesen.

Als hätten sie wieder alle Angst bekommen, dass ich nun komplett ausraste. Da verliere ich und es hat sich… NICHTS geändert. Kaum waren wir in unserem Dorf angekommen, fing das Elend auch noch damit an, dass ich all… dieses beschissene Mitleid in ihren Augen gesehen habe.

Dann kam das Gespräch mit meinen Vater. Du hast von unserem tollen „Champion“ gehört, was da abging.“ starrte Rokea wütend und weinend in den Garten. „Nun habe ich meine gewünschte Freiheit irgendwie bekommen.“ lachte sie am Ende noch.

Sina hörte es sich in Ruhe an und nickte. Auf einmal kniete sich sie auch auf dem Sessel neben Rokea und drückte ihren Kopf auf ihre Brust. Das Horn ignorierte Sina bewusst und streichelt den Kopf ihrer Rivalin.

„Rokea… du vermisst deinen Vater ganz doll oder?“ fragte Sina nun und hat die Tierfrau erwischt. Nun drehte Rokea den Kopf und drückte sich an Sina, laut weinend. Sina streichelt weiter ihren Kopf und zeigte ihre heimliche mütterliche Seite, die sich in ihr immer mehr gebildet hat.

Erst waren es mehr oder weniger Tio und Mio, folgend von Lara, die sie als Schwester aufgenommen hat. Ihre eigene Zwillingsschwester, die ebenfalls keine Mutter hat wie sie selber und dann Suki.

„Ist schon gut Rokea, du kannst ruhig alles rauslassen. Dieser Moment gehört nur dir und ich werde an deiner Seite bleiben.“ flüstert Sina dies zu Rokea runter. Rokea, die stärkste Tierfrau der Welt ist momentan nichts anderes als ein verlorenes Mädchen, dass eine Schulter brauchte.

Stunden später brachte Sina ihrer Rivalin frisch geschälte Apfelstücke sowie einen Tee ins Wohnzimmer. Rokea saß immer noch auf dem Sessel und umarmte ihre Knie, was ein sehr seltsames Bild abgibt.

„Und? Wie geht es dir?“ stellte Sina die Mahlzeit auf den Tisch und setzte sich wieder neben Rokea. „Müsste dir nun ein bisschen besser gehen, wenn man die Last, die man in sich getragen hat, endlich raus gelassen hat.“

Die Tierfrau drehte sich zu Sina. „Ein… bisschen schon?“ war Rokea ein bisschen verwundert und nahm ein Apfelstück. „Wusste nicht… dass in dir so eine Seite steckt.“

„Ich… möchte nicht abstreiten, dass man es mir nicht ansieht, aber ich kann dir sagen… ich kümmere mich wirklich um meine Freunde und Familienmitglieder um mich herum. Rokea… ich kann dich in einigen Dingen verstehen, weißt du?

Meine… Mutter, die auch die Mutter von Kyllia ist, ist laut der Aussage meines Vaters verstorben. Meine Ausbildung zur stärksten Kämpferin der Dämonen zu werden… wie oft habe ich mir gewünscht, dass ich jemand hätte, wo ich mich ausweinen konnte.

Ich wurde… von Anfang an von allen meinen Schwestern getrennt, meine Mutter unwissend und hatte keine… Verbündete. In all der Trainingszeit… musste ich leiden auf Geheiß meines Vaters, der der wahre Dämonenkönig von Deymonlia ist.

Es mag sein, dass ich auch eine Dämonenkönigin bin, doch… belassen wir es dabei, dass unser dämlicher dunkler Gott ein Vollidiot ist. Man hat mich immer wieder ausgenutzt und weiteres, mein Vertrauen zu bekommen ist… schwer.

Doch habe ich nach all der Zeit die richtigen Freunde gefunden, dir mir unbewusst zeigten, was es bedeutet, eine Freundschaft zu haben… Aber auch was es bedeutet, richtig zu leben.“ lächelt Sina von der Seite.

„Ich… war für sehr lange Zeit unbesiegbar gewesen, ich kannte selber nicht das Gefühl, wenn man verloren hat. Bis ich Exos getroffen habe, der es mir vermittelt hat. Kaum… war ich von meiner Niederlage wach geworden, fing mein kompletter Körper an zu zittern.

Es… war ein ekelhaftes Gefühl gewesen und ich habe mir selber das Versprechen gegeben… um jeden Preis zu verhindern, jemals wieder das Gefühl zu erleben. Daher kann ich sehr gut nachvollziehen, was du an diesem Tag gefühlt hast.“

Rokea nickte langsam, denn dies entsprach dem, was sie selber so gefühlt hatte. „Nun sei ehrlich Rokea, was genau hast du jetzt vor? Wenn du wirklich deine eigenen Leute nicht leiden kannst, willst du denn überhaupt die Bedingungen erfüllen?“

„Nein… nicht wirklich. Wenn will ich nur meinen Vater sehen, aber solange ich nicht die Bedingungen erfülle, wird er mir sofort den Rücken kehren.“ nahm Rokea das nächste Apfelstück. „Hätte nie gedacht… dass es mir passieren könnte. Pläne? Die habe ich nicht so wirklich. Ich habe mich Nitir nur angeschlossen, weil er von dem Kontinent weg gehen wollte, was mir sehr gelegen kam.“

„Verstehe… sag Rokea… wenn dein Stolz es dir erlaubt… könnte ich dir schon ein bisschen unter die Arme greifen.“ hielt Sina den Kopf schräg und sofort schaute Rokea ihr in den Augen.

„Ich habe… eine gute Idee, wie und wo du Verantwortung übernehmen lernen kannst und ich kenne auch einen Ort, wo du dich in deiner Tierform austoben kannst alleine. Doch das kann nur klappen, wenn du dir helfen lassen willst.“

„Warum? Warum… willst du mir helfen?“ kniff Rokea ihre Augen leicht zusammen. Sina lehnte sich auf dem Sessel zurück und machte einen nachdenklichen Eindruck. „Weil ich dich mag? Weil ich dich als meine Rivalin akzeptiere? Weil ich deine Stärke gebrauchen kann? Ich weiß es nicht, aber mein Gefühl sagt mir, dass ich dir helfen sollte.“

„Du… brauchst meine Stärke, vor der jeder Angst hat?“ hörte man den Unglauben in der Stimme von Rokea und Sina nickte. „Das stimmt. Kann es sein… dass dein Vater dir nichts über die verbannten Götterbestien sowie Exos erzählt hat?“

„Er hat was angedeutet, aber mich hat es nicht so wirklich interessiert, weil ich mit meinen eigenen Gedanken beschäftigt war.“ gab Rokea zu und Sina nickte wieder. „Ok Rokea, dann lass mir dir das aktuelle Problem der Welt erzählen…“

Mittels Illusionen sowie ihr eigenes Wissen wird Rokea darüber aufgeklärt, was wieder ein bisschen Zeit beanspruchte. Die Apfelstücke wurden aufgegessen und der Tee leergetrunken, in der Zeit hörte Rokea ihrer Rivalin nur zu.

„Das… wäre der Grund, warum ich deine Stärke begrüßen würde. Du willst Götterbestien bekämpfen? Dann brauchst du dich mir nur anzuschließen.“ erklärte Sina das Thema zu Ende. „Das alles habe ich deinem Vater und den anderen auch erzählt, ob sie… was machen kann ich nicht sagen.“

„Hm… meinte Vater das damit, dass… ich mein Tier kontrollieren soll?“ murmelt Rokea mit sich. „Doch wenn dieser Exos so stark ist, dass selbst du keine Chance hast, wie soll… ich denn gegen ihn ankommen?“

„Keine Ahnung, denn ich wollte vorerst die anderen Götterbestien bekämpfen, um stärker zu werden. Diese Stadt hier… ist eine Stadt der Veränderung. Uralte Vampirorganisationen haben die Gefahr erkannt und helfen mir nun mit ihrem Wissen.

Dämonen aus alten Zeiten stehen mir zur Seite und helfen der Stadt in unterschiedlichen Bereichen. Meine Freunde, die du alle kennengelernt hast werden mir im Kampf gegen die Bestien zu Seite stehen.

Doch… muss ich auch ehrlich sein. Es fehlt mir etwas an Manneskraft. Zwei Vampirkönige könnten es mit den Bestien aufnehmen, doch dazu müssten sie auch vor Ort sein. MEIN Gefühl sagt mir, dass ich soviel Glück nicht haben werde.

Deswegen… höre dir mein Angebot an. Ich werde dir helfen, deine Bedingungen, die du von deinem Vater bekommen hast zu erfüllen und du wirst dafür… an meiner Seite sein. Ich habe noch ein Zimmer frei in diesem Haus.

Die Miete sowie… die zusätzlichen Kosten werde ich übernehmen, denn du solltest dir helfen lassen… Nun, du wirst vermutlich etwas sauer werden, aber wenn ich es dir sachlich erkläre, dann kannst du damit bestimmt leben.

Zumal… Du darfst dich nicht wundern, wenn jeder hier in der Stadt etwas Angst vor dir bekommt, aber du solltest den Bewohnern auch eine Chance geben. Sie hatten alle ihre Ängste vor den Vampiren gehabt und was passierte?

Sie können miteinander leben, mehr noch, sie bieten ihr Blut den Vampiren an. Es gab vor kurzem noch eine Gruppe voller Idioten, die gegen die Vampire vorgegangen sind, aber das ist nun eine Sorge von gestern.

Du… hättest also deine gewünschte Freizeit mehr oder weniger. Klar, ich würde dir ein bisschen auf die Finger schauen am Anfang, aber jeder, ausnahmslos jeder kann bestätigen, dass ich schnell meine Opf… Hilfesuchenden in die Selbstständigkeit überlasse.

Ich denke… ein besseres Angebot wirst du nicht bekommen. Ich zeige dir einen Weg der Verantwortung und ich zeige dir den Ort, wo du dich austoben kannst. Es… wimmelt vielleicht noch ein bisschen voller Untoter, aber dort lebt niemand.“

Rokea legte ihren Kopf auf ihre Knie und schaute Sina tief in ihre Augen. „Kannst du mir garantieren, dass ich es mit einem ebenwürdigen Gegner zu tun bekomme? Ich… will nicht wieder eine Gefangene werden, die ihre Kraft nicht einsetzen darf.“

„Rokea, als ich in unserem Kampf sagte, die stehen bei mir Schlange, war das kein Scherz gewesen. Es mag momentan sehr ruhig sein, aber ich kenne das Schicksal doch. Irgendwo kocht irgendjemand wieder seine Scheiße und ich bekomme das ab.

Es ist, als hätte der Problemgott es auf mich abgesehen oder muss es für andere ausbügeln, keine Ahnung. Hätte nichts dagegen, wenn ich auch mal meinen Frieden hätte, aber nein…“ rollte Sina mit ihren Augen.

„Ok?“ grinste Rokea schief. „Nun… wenn… das anbietest? Vielleicht finde ich doch meine Freiheit hier. Eine… Änderung, die ich mir gerne… früher gewünscht hätte.“

Sina grinste auch und bot ihre Hand an, in die Rokea einschlug. „Wunderbar. Dann sage ich, willkommen in meinem Team.“

Auf einmal erschien Suki vor der Wohnzimmertür und… hatte ein zuckendes Gesicht. Verwundert schaute Sina sie an und fragte direkt nach. „Suki? Was ist los? Hat Nitir wieder ein Antrag gemacht?“

„N… nein. Ich habe Gair gesehen… wie er nackt durch die Stadt ging, wo seine „Männlichkeit“ nur mit Schilder bedeckt waren. Ich… weiß nicht, ob ich nun lachen oder weinen soll.“

Verdutzt schauten sich Sina und Rokea an, dann zuckte die Dämonin mit der Schulter. „Keine Ahnung… was bei ihm los ist, aber mit so was muss du auch hier rechnen Rokea.“

„Aha…“