Ich bin wiedergeboren und gefährliche Begegnungen? II

„Sag Neia… nichts gegen dein Aussehen, aber…“ hustet Dr. Ruin in seinem großen Zimmer wo wieder das reinste Chaos herrschte. „Ich kannte auch mal eine andere Neia von damals.“

Neia und Sherry schauten sich gegenseitig an und dann runter zum Körper der Blutelfe. Sie trug ihre Trainingssachen. „Ah… ich verstehe… Vergiss die alte Neia… Wer mit Sina… in Kontakt kommt, wird gezwungenermaßen sich ändern.“ zuckte der Mundwickel der Blutelfe.

„Stimmt, aber im positiven Sinne.“ lächelte Sherry, die das Zauberbuch der Leere in der Hand hielt. „Scheinbar hat sich deine Schamgrenze etwas geändert Herrin.“

„Bin mir nicht sicher, ob ich das… ach egal.“ seufzte Neia und spielte mit ihren blutroten Haar. Sie hat es wirklich nicht mitbekommen, dass sie automatisch ihre Trainingsklamotten angezogen hat… „Anderes Thema, wir sind gekommen, damit wir mit dir dieses Buch der Leere durchgehen können.“

„Erm… ok?“ schluckte Dr. Ruin und versuchte wieder Platz zum Sitzen freizuschaufeln. „Es wird ein Moment dauern…“ Etwas später saßen alle vor einem Tisch und schauten sich eine Seite nach der anderen an.

Im Gegensatz zu den Damen, machte Dr. Ruin zu jedem Zauberspruch Notizen und weiteres. „Erstaunlich, welche Zauber es alles in meinem Bereich gibt. Doch es bleibt weiterhin, dass sie sehr manaintensiv sind, egal wie man es dreht und wendet.“

„Woran erkennen sie es denn ohne es getestet zu haben?“ wundert sich Sherry direkt, während ihre Wasserkugel wieder durch die Gegend schwebt. Irgendwie sind alle Personen in ihrem Umkreis und auch sie selber soweit gekommen, dass man diese schwebende Kugel gekonnt ignoriert.

„Die ersten drei Zauber sind auf Zerstörung ausgelegt, wo sogar eine explosive magische Kraft vor kommt. Ich selber kannte bisher nur zwei solcher ähnlichen Zauber und könnte sie nur einmal am Tag einsetzen.

Ihr und Neia habt ein größeres Manapool als ich und werdet mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit es schaffen, sogar mehrmals es zu zaubern. Doch muss ich Sie warnen, denn explosiv… stimmt nicht so wirklich.

Alles was dieser Zauber in der „Explosion“ trifft, „saugt“ er eigentlich mehr. Ich finde, dass ist sogar viel schlimmer als eine Explosion selber.“ erklärte Dr. Ruin sehr sachlich. „Die nächsten Zauber hier… diesen und diesen rate ich dringend ab, es zu lernen.“

„Hmm… wenn ich den Zauberspruch richtig verstehe, verlangt es eine Opferung der Seele oder?“ mutmaßte Neia direkt und Dr. Ruin nickte. „In der Tat. Auf theoretischer Basis diesen Zauber zu kennen ist vollkommen in Ordnung, aber ihn einzusetzen? Das wäre ein Zauber, wo ich persönlich sagen muss, dass man ihn vernichten sollte.“

„Stimmt… da würde ich eher auf Magie zugreifen, die meine Lebenszeit verkürzt.“ nickte Sherry etwas blass, denn die Opferung der Seele fand sie sehr schlimm. „Ich verstehe nicht, wieso die Götter überhaupt solche Zauber auf die Welt gesetzt haben.“

„Bedaure Gräfin Sherry, aber dass kann ich ihnen leider nicht sagen. Ich weiß nicht mal, ob es nur einer der Götter war oder sogar beide. Vielleicht sind sie auch einfach nur neugierige Kinder um herauszufinden, ob überhaupt jemand solche Zauber einsetzt. Spontan würde ich sagen, keine vernünftige Person würde es machen.“

„Doch… wenn jemand im Sterben liegt oder sehr weit in die Ecke gedrängt wird… verzweifelte Personen machen verzweifelte Aktionen oder?“ meinte Neia und wieder nickte Dr. Ruin.

„Wie du es sagst. Wenn ich schon im Sterben liege, dann will ich meinen Mörder mitreißen, egal… was es mich kostet. Einerseits… lobenswert, andererseits sind diese Zauber so zerstörerisch, dass sogar Unbeteiligte mit in diesen Zauber reingezogen werden.“ lächelte Dr. Ruin traurig.

Die drei Personen arbeiteten sich weiter, als Dr. Ruin auf einmal sehr blass wurde. „Wieso… ist dieser Zauber komplett anders?“

„Wie meint ihr das?“ fragte Sherry verwundert, aber Neia hat verstanden was Dr. Ruin so schwer beschäftigt. „Was ist dir bisher bei allen Zaubern in diesem Buch aufgefallen, meine Schülerin?“

„Hmm… Ah! Alle vorigen Zaubersprüche hatten „Inanis Magnis“ im Spruch drin. Doch dieser heißt hier „Parva Inanis“. Ich bin ehrlich, aber ich habe nie groß nachgedacht, was die Wörter selber genau bedeuten.“ sagte Sherry sehr ehrlich.

„Im groben erklärt heißt es, „kleine Leere“, während es bei „Inanis Magnis“ „große Leere“ bedeutet.“ erklärte Dr. Ruin es aufgeregt. „Alle, aber auch wirklich ALLE bekannte Leerenzauber haben IMMER „Inanis Magnis“ in ihren Zauberspruch.

MEINE Vermutung war immer gewesen, dass dieser Wortteil dafür gedacht ist, die Kosten von Mana zu regulieren. Nun lese ich einen Spruch in diesem Buch, wo es komplett das Gegenteil ist. Ist… das die Lösung, dass wir die Leerenmagie einsetzen können, wo wir weniger Mana investieren müssen?“

„Zu mal auch die Frage kommt, ob man auch diese Worte dann bei den anderen bekannten Zaubersprüchen der Leere einsetzen kann. Ich denke, wir sollten noch die restlichen Zaubersprüche lernen, bevor das Buch leer wird.“ grinste Neia aufgeregt.

Gesagt, getan, der Rest wurde schnell gelesen und Dr. Ruin las nochmal selber in Ruhe das komplette Buch durch. Neia ist sogar kreativer und macht sich eine Kopie des Buches, so wie sie es mit den anderen Zauberbüchern bisher auch getan hat.

„So… ich habe mir alles notiert, was es zu notieren gibt. Meine Damen, ich muss eben was im Garten aufstellen, dann sollten wir ein paar Experimente machen.“ sagte Dr. Ruin mit sehr ernsten Augen zu den Damen, bevor er verschwand.

Sherry und Neia schauten nur zu, wie die Tür zufiel. „Wenn es um dieses Element geht, würde Dr. Ruin vermutlich auch durch die Hölle gehen.“ schmunzelt Sherry. „Das glaube ich allerdings auch. Doch… wenn jemand herausfinden kann, wie man die Leerenmagie richtig einsetzen kann, dann er.“ grinste Neia, dann entstand eine Stille.

„Sag…“ fing Sherry an, um die Stille zu durchbrechen. Neia schaute sie erwartungsvoll an, was ihre Schülerin von ihr möchte. „Du liebst Sina oder?“ So knallrot wie Neia auf einmal wurde und ihr Kopf zur Seite drehte, traf die Behauptung von Sherry ziemlich gut.

„Wi… wie kommst du auf einmal darauf?“ stottert Neia leicht verschwitzt. „Wir sind wirklich nur Freunde!“

„Es fällt mir auf, wie du Sina hinterher schaust. Vor allem habe ich dich beobachtet, wie lange du auf die Tür gestarrt hast zum Büro wo Sina war. Neia, es war kein Vorwurf oder wollte dich auch nicht zur Rede stellen, sondern… einfach nur eine Tatsache ansprechen.“ legte Sherry eine Hand auf die Hand von Neia.

Die Blutelfe überlegte fieberhaft, wie sie das Thema ablenken kann, doch sie kennt Sherry gut genug, dass es bei ihr nicht funktionieren wird. Neia schloss die Augen und atmet auf einmal schwer aus. „Ja… ich habe mich in Sina verliebt.“

„Siehst du, war doch nicht so schwer.“ lächelte Sherry. „Wann genau hast du dich in sie verliebt? Früher war es ja nicht so gewesen, nun sieht es ein bisschen anders aus.“

„Ich… weiß es nicht so genau. Ich stand eigentlich immer auf Männer, mit Frauen hatte ich… bisher überhaupt noch keine Affäre hinter mir. Vermutlich… fing es erst an, als ich zur Blutelfe wurde. Vielleicht hat das Blut meine Gefühle ein bisschen verändert trotz des Schwurs.

Am Abend war Sina bereit, gegen die Vampirkönige zu kämpfen, weil sie sehr wütend auf sie war. Man hat ihr regelrecht den Scham am Gesicht gesehen, was mir passiert ist. Doch… irgendwie glaube ich, dass es Schicksal war.

Das wieder eine weitere Veränderung auf der Welt stattfand und ich nun ein Teil davon bin. Nun gab sie ihr bestes, mir… irgendwie alles Recht zu machen, was nicht nötig war. Ich glaube, ich habe mich richtig in sie verliebt, als ich ihr den Kuss auf die Wange gegeben habe beim Vampirtreffen hier.“

„Verstehe und wie geht es dir jetzt?“ grinste Sherry schräg. „Ein bisschen… erleichtert? Ich wundere mich viel mehr… dass du als ihre Geliebte so ruhig das Thema ansprechen kannst? Wenn ich bedenke, wie eifersüchtig du werden kannst?“

„Ich wundere mich selber auch ein bisschen, doch ich bin auch ehrlich. Neben meiner Herrin bist du auch meine Freundin und ich mag dich wirklich sehr. Habe Sina schon gefragt, was sie von dir hält, aber irgendwie wurde sie sehr zurückhaltend. Sag… möchtest du nicht mit Sina zusammen kommen?“

Sofort drehte sich Neia bei der Aussage zu Sherry, die sie angrinste. Die Blutelfe musste mehrmals ihre Augen blinzeln, weil diese Aussage einfach nur unmöglich ist. „Sherry? Du liebst doch Sina oder nicht? Außerdem… eine Beziehung mit drei Leuten kann nicht klappen, sie ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Sina selber hat nur Augen für dich und… „Schmatz“.“

Das weltberühmte Zaubermädchen küsste gerade die bekannte SSS-Abenteurerin Neia die Elementarmagierin. Sie riss weit ihre Augen auf und war von diesem Angriff total überrascht. Sherry löste sich von Neia und hatte leicht rote Wangen.

„In… einer meiner vielen Erinnerungen…, glaube ich hieß ich Susi. In dieser Zeit hatte ich mich mit einer anderen um einen Mann fürchterlich gestritten. Wir liebten ihn von tiefstem Herzen und wollten ihn mehr oder weniger für sich selber behalten.

Das Dumme ist nur, der Mann liebte uns ebenfalls und irgendwann… hat sich der Streit zu einem Kampf entwickelt, wo er ein Machtwort gesprochen hat. „Ich liebe euch beide und ich werde keinen von euch auswählen.

Ich kann und ich will mich nicht für eine Person entscheiden. Es ist nicht fair gegenüber der anderen, dass sie dann für den Rest des Lebens unglücklich ist, nur weil ich eine egoistische Wahl getroffen habe.

Ich verstehe euch nicht. Ihr liebt mich und ich liebe euch. Das einzige was euch beiden nur unterscheidet ist euer Kampfstil, ansonsten… Ihr könnt beide gut kochen, nähen und habt eure gewissen Einstellungen zu gewissen Themen.

Wieso… wollt ihr nicht teilen? Wir sind nun so viele Jahre gemeinsam unterwegs, haben die schlimmsten Kämpfe und Dungeons überstanden, wir hatten regelrechten Spaß gemeinsam. Soll… dass alles wegen der Liebe kaputt gehen?“

Das war die Ansage von dem Mann gewesen und tatsächlich habe ich mit Melanie damals wirklich… nachgedacht, was wir eigentlich wollten… Und haben dann den Versuch gewagt. Zu dritt eine Beziehung zu führen.“

Während Sherry ihre Erklärung abgab, legte Neia ein paar Finger auf ihre Lippen, weil sie scheinbar immer noch nicht glauben konnte was soeben passierte. „Glaube, Sina mag dich auch auf ihre Art und Weise. Meine… keine vernünftige Person gibt dir solche Trainingsklamotten wie du sie trägst.

Sie will mir treu bleiben und doch… will sie auch ihre inneren Wünsche, wenn sie die hat, erfüllen. Wir wissen beide, dass du schön bist, vielleicht sogar schöner als früher, es macht dich exotischer. Also… bevor du zu sehr in deiner Welt gefangen bist, meinen Segen hast du, wenn du mit Sina zusammen kommen willst.“

Nun wurde Neia wieder wach und starrte Sherry an. „Du… willst mich nicht auf den Arm nehmen? Es ist kein… Trick, mir später einen Dolch in den Rücken zu rammen? Sherry… das ist ein sehr gefährliches Spiel und du weißt das!“

„Ich vertraue dir. Du liebst deine Magie und teilst sie jedem mit Freuden, also glaube ich schon, dass es auch mit einer Beziehung zwischen uns klappen kann.“ lächelt Sherry. „Doch du wirst wohl den ersten Schritt machen müssen, denn Sina wird es nicht tun.

Rechne sogar damit, dass sie… ablehnen wird. Wie gesagt, sie will mir treu bleiben. Ich glaube fest daran, dass dir schon was einfallen lassen wird, wo sie nicht einfach so ablehnen, aber auch nicht zustimmen kann. Immerhin bist du doch die berühmte Magierin.“

Eine Träne fiel von der Seite von Neia runter, irgendwie war sie nun leicht überfordert mit der Situation. Auf einmal kam Dr. Ruin wieder rein. „Meine Damen, ich habe alle Vorkehrungen getroffen, wenn sie mir vielleicht… habe ich gerade gestört?“

Beide schütteln ihre Köpfe und standen auf. „Nein, alles in Ordnung. Wir hatten unser eigenes Gespräch gehabt.“ wischte Neia die Träne weg und wusste nicht, wohin sie schauen soll. Sherry legte eine Hand auf ihren Rücken und streichelt sie zur Beruhigung.

„Überleg dir in Ruhe unser Gespräch ok? Nun konzentrieren wir uns, wie wir endlich Leerenmagie sinnvoll einsetzen können.“ tröstete das Zaubermädchen ihre Lehrmeisterin. Neia schaute sie kurz an und nickte.

„Ok? Wenn… sie mir dann folgen würden?“ wunderte sich Dr. Ruin nur.