Ich bin wiedergeboren und Sukis wichtigste Rede?

Koto wird auf einer Liege in seinen Aufenthaltsraum gebracht, seine Waffe lag auf dem Bauch. Für die jungen Ungesehenen, die mittlerweile von ihrem bewusstlosen Zustand aufgewacht sind, war es ein sehr großer Schock.

„Dann muss ich wohl die Arbeit selber erledigen.“ schüttelt Satu enttäuscht den Kopf, dass selbst Koto keinen Erfolg aufweisen konnte. „Hoffentlich… könnt ihr alle mit dieser Schande leben.“ Alle schauten beschämt bei der Aussage auf den Boden, Satu überprüfte seine Waffe mit dem Gift und ging raus.

Suki schob die Augenbinde hoch und konnte mit ihrem rechten Auge wieder deutlicher sehen. Es sind… viele Jahre vergangen und scheinbar meinte die Zeit es mit ihrem Vater nicht gut. Doch strahlte er die gleiche Stärke aus wie früher… und sein Hass in den Augen ebenfalls.

Satu knurrte wütend, als er immer noch das Zeichen auf dem Stoffhemd sah und stellte ohne sich zu grüßen oder ähnliches direkt in seinen Kreis. Das Katzenmädchen selber schüttelt traurig den Kopf und stand von der knienden Position auf, steckte dabei ihre Dolche wieder hinter ihren Rücken.

Wolf seufzte nur und ging raus mit einem Mikrofon in der Hand. Verdutzt schauten alle Frauen ihm hinterher und hatten nur Fragezeichen auf den Köpfen.

„Meine Damen und Herren… etwas einmaliges wird jetzt und heute eingesetzt. Suki… hat ihr Veto eingesetzt. Das Veto des Sprechens.“ teilte Ronda mit. Alle Zuschauer auf der Welt reagieren erstaunt, dass man für… so was unwichtiges einen Veto einsetzt.

„So was gibt es?“ schaute Thomddir Melaine an. „Eh… ja schon, aber es wurde nie eingesetzt. Das war eher… eine Spaßregel meiner Meinung nach gewesen.“

„Nein… nicht für Suki. Wieso setzt sie es ausgerechnet bei Satu ein?“ wundert sich Sina. „Warum erst bei ihm?“

Wolf stand neben Suki und gab ihr das Mikrofon. Satu verschränkte nur seine Arme, scheinbar will seine Tochter nur Zeit schinden.

Suki atmet mehr ein und aus, dann schaute sie ihrem Vater fest in die Augen. „Vater.“ Sofort reagieren alle Bekannten, Freunde. Familien… auf der Welt schockiert über dieses… eine Wort.

„Bevor… ich mein Wort an dich richte… Möchte ich gerne mein Wort an die Tiermenschen auf der ganzen Welt richten. Ehrlich… ihr kotzt mich alle an.“ sagte Suki knallhart und man sah überall Verwunderung und Empörung.

„Die alten Tiermenschen verachten mich weil ich die Traditionen gebrochen habe. Die jungen Tiermenschen vergöttern mich, weil ich es getan habe. Es nützt mir nichts… wo ich überhaupt keinen Einfluss hatte.

Ein einfacher kleiner Clan… hatte ein Problem… und ihr zerrt es über ganz Batzien. Schämt ihr euch nicht? Benutzt mich für eine Veränderung, wo man einen sicheren Streit in der Zukunft haben wird?

Ihr Alten… es ist in Ordnung sich an die Traditionen zu halten, doch die Zeit wandert weiter. Viele Traditionen hindern einen… weiter zu kommen. Dies wollen die jungen Tiermenschen ändern… aber so richtig ist es auch nicht, eine Veränderung zu erzwingen. Gerade diese Traditionen sind es doch… weshalb wir alle heute hier stehen oder nicht?

Das größte Problem mit allen Clans und Tiermenschen ist… dass wir nicht richtig miteinander sprechen. Die Alten wollten den Jungen nicht zuhören, aus Angst vor den eventuellen Konsequenzen. Den Jungen fehlt aber auch die Erfahrung, was passiert, wenn man eine Änderung angeht.

Was euch allen fehlt… ist der Mut für Veränderungen und Kompromissen. Warum… lasst ihr die jungen Tiermenschen nicht experimentieren, um Erfahrung zu sammeln? Wenn etwas nicht funktioniert… dann haben die Ältesten recht…

Doch wenn es funktioniert, darf man sich auch nicht zu Eitel sein, eine positive Veränderung zu akzeptieren, die junge Tiermenschen extra getestet haben.

Ich weiß aus einer sehr… sicheren Quelle, dass in Alliancia eine Veränderung stattfindet… Sie sitzen alle hier am Turnier und sind der lebende Beweis… dass es funktioniert.

Die Monstergruppe und auch die Abenteurergruppe sind alle meine Freunde und Familie, wenn es bei mir klappt… wieso sollte es nicht auch bei anderen funktionieren? Ich hoffe… aus tiefstem Herzen, egal… wie dieser Kampf enden wird… das meine Worte Gehör finden werden und… lasst mich danach in Ruhe.“

Die Stille… war unbeschreiblich. Man dachte in diesem Moment… das Suki auch eine Königin der Tiermenschen sein könnte, so sehr hat sie alle trotz ihrer Verletzung in den Bann gezogen. Sie hat bei der Rede die ganze Zeit auf das Publikum geschaut, denn sie waren der Ansprechpartner gewesen. Nun… drehte sich Suki zu ihrem Vater.

„Vater. Ich weiß das du mir nie freiwillig zuhören würdest, also zwinge ich dich mit meinem Veto. Es ist mir egal… ob die nächsten Gegner daraus einen Vorteil ziehen, aber es ist mir wichtiger, dass meine Worte auch von dir gehört werden.“ schaute Suki ihren Vater sehr ernst an, der immer noch nichts gesagt hat. „Vater… ich verzeihe dir.“

Dieser eine Satz reichte aus, dass Satu förmlich explodierte. Er riss sich seine Gesichtsmaske komplett runter und man konnte seine Narben deutlich sehen. „Wage es nicht…“

„Ich verzeihe dir und meinem alten Clan für die Verbannung. Ich verzeihe dir sogar, dass du versuchst mich gleich zu töten sowie verzeihe ich auch den anderen, dass sie versuchten… mich zu töten.

Dank dir… hatte ich eine sehr schwere Zeit und habe nur Finsternis um mich erlebt. Mutter wurde von mir getötet und ich sollte auch getötet werden, aber… das Schicksal wollte es an diesem Tag anders haben.

Ich habe überlebt… und wurde zu einem Hausmädchen ausgebildet mit den gelernten Techniken aus dem alten Clan. Mit sehr… anfänglichen Schwierigkeiten fand ich jemanden… der mich um jeden Preis haben wollte… meine Orhami.“

„NICHT NUR TÖTEST DU DEINE MUTTER, SONDERN LÄSST SIE AUCH NOCH ERSEZTEN?“ brüllte Satu wütend seine Tochter an. Doch Suki ließ sich nicht einschüchtern.

„Orhami… das ist Lady Sina. Am Anfang hatten wir mehr oder weniger ein Herr und Diener-Verhältnis… doch die Zeit zeigte… dass es mehr wurde. Sie ist eine faule und böse Frau, doch würde ich sie niemals ersetzten wollen denn…

Sie war es… die mir die Augen geöffnet hat in dieser ekelhaften Finsternis. Das ich nicht alleine bin, Freunde und… sogar eine Familie habe. Ich habe sogar eine Tochter, die jeder schon kämpfen gesehen hat. Rubina ist ihr Name.“

Alle Frauen waren am weinen, vor Freude und Stolz. Rubina schniefte so laut, dass ihre Mutter es in aller Öffentlichkeit mitteilte. Sina fielen die blutroten Tränen aus allen Augen heraus, sie ignorierte sogar die kleine Beleidigung.

„Am Anfang… war sie wie ich, zwar nicht so exakt, aber das ist egal. Ich habe ihr wieder das Leben eingeflößt… was man ihr ausgetrieben hatte. Ich… kann nicht genug sehen, wie sie sich jeden Tag weiter entwickelt. Rubina mag nicht meine leibliche Tochter sein, aber das ist egal…

Lady Sina sagte mal… Man kann sich seine Familie nicht aussuchen in die man geboren wird, aber sehr wohl seine Freunde und… seine neue Familie. Sie sind es, die mir all die Kraft geben… hier zu stehen… gegen dich und dem alten Clan.

Vielleicht war es Schicksal gewesen, dass es so kommen musste. Doch würde ich es niemals austauschen wollen. Ich weiß, dass ich jemanden habe, der auf mich wartet, deswegen… bin ich dir und den anderen dankbar und verzeihe es dir.“ lächelt Suki bei ihre Rede.

„Doch… was ich dir und den anderen NICHT verzeihe ist… dass ihr Hand an meine neue Familie legen wolltet. Der erste Angriff am Hafen… du kennst den Stand der Dinge. Mehrere Clanmitglieder wurden getötet, der Botschafter fürs Lebensende verkrüppelt.

Spätestens da hättet ihr aufhören sollen, aber… euer Stolz und dummen Traditionen verblenden die Realität. Wieder mussten weitere sterben, der Botschafter… mit dem ewigen Leben bestraft. Wenn… ich ehrlich bin… du tust mir wirklich sehr leid.

Gefangen in der Vergangenheit und Traditionen, die längst angepasst hätten werden müssen. Vielleicht hat die Göttin dies erkannt und so alles ins Rollen gebracht, ich weiß es nicht.“ zeigte Suki in einem Auge Mitleid. Satu knirschte stark mit seinen Zähnen, für ihn sind es alles nur Beleidigungen.

„Doch… bin ich nicht die einzige in der Familie, die sich gegen die Traditionen wehrt. Mutter hat es ebenfalls getan.“ sagte Suki dies knallhart und ignorierte den ätzenden Blick von ihrem Vater.

„Du wolltest mich damals bestrafen, weil ich sogar früher mit dem Training angefangen habe klammheimlich, wer hat sich eingemischt? Niemand anderes als Mutter! Danach habt ihr beide mich in einigen Techniken unterwiesen…

Hast du… vergessen, wie stolz du warst, als ich schnell verstanden habe, wie man die Shuriken richtig benutzt? Du hast mich auf dem Arm lachend hochgehoben und von deiner eigenen Kindheit ein bisschen erzählt, wie lange du gebraucht hast.

Mutter dagegen hat mir gewisse Körperübungen beigebracht, doch wir hatten… alle unseren Spaß gehabt. Bis Koto an diesem Tag festgestellt hat… dass ich ein bisschen ZU gut war. Danach hast du aufgehört, mir noch was beizubringen und Mutter traute sich nicht mehr mir in die Augen zu schauen.

Ich möchte nicht zu sehr… in die Details gehen, denn das geht allen Zuschauern auf der Welt nichts an, nur… dass ich geopfert werden sollte, damit die Geister wieder sprechen.

Wusstest du… das der alte verstorbene König mit mir nachdem Kampf gesprochen hat und mir… mitteilte, dass die Geister deswegen nicht mit euch gesprochen haben, weil ihr überhaupt keinen Rat mehr benötigt habt? Das die Seher das nicht verstehen konnten?

Für sehr lange Zeit dachte ich immer nur, dass es meiner Phantasie entsprungen ist, doch… nachdem ich mit so vielen merkwürdige Dingen konfrontiert wurde… glaube ich mittlerweile daran… das dieses Gespräch stattgefunden hat.

Doch das ist… nicht so wichtig. Es geht nur noch darum… wegen Mutter. Der Grund… warum du mich so hasst. Ich werde das niemals verstehen können denn…

ICH BIN DEINE TOCHTER! Du und Mutter… ihr gemeinsam habt mich doch auf die Welt geholt. Nicht die Nachbarn oder Verwandten. ICH bin ein Teil von Mutter und dir! ICH BIN DEIN ERBE!“ schrie Suki ihren Vater immer wieder zwischen durch an und Tränen kamen aus den Augen heraus.

„Bevor du jetzt ausrastet… dass ich Mutter getötet habe… Höre meinen nächsten Worten genau zu. Ich habe mir sehr… sehr lange die Schuld gegeben… dass ich unwissend meine Mutter getötet habe… bis Lady Sina etwas… merkwürdiges aufgefallen ist bei der gesamten Geschichte.

Mutter war eine Mishoi. Nicht irgendeine, sondern die beste laut deiner vielen Geschichten. Du konntest Mutter niemals besiegen, aber das war dir egal gewesen, denn du hast sie geliebt dafür. Doch… warum hat sie mich damals in ihrer Wergestalt bekämpft?

In ihrem Wertiger hatte sie zwar eine viel höhere Stärke, aber dafür büßte sie viel von ihrer Zielgenauigkeit ein. Dank meines Training beherrsche ich ebenfalls die Fähigkeit, die ich von Mutter geerbt habe und… muss Lady Sina zustimmen, etwas stimmt nicht.

All… die jetzigen Kämpfe konnte ich nur dank dieser Fähigkeit und mit deiner geerbten Stärke schaffen. Warum… hat Mutter in ihrer Wergestalt versucht… mich zu töten, wenn sie dies in ihrer normalen Form… viel einfacher hätte?

Vater… ich glaube… nein. Ich weiß, dass Mutter nicht wollte, dass man mich opfert. Sie gab mir also eine Chance… aus diesem Kampf lebend heraus zu kommen. Mit dir konnte sie scheinbar nicht reden, denn du hieltst dich ja eisern an diese Traditionen…

Vermutlich hat sie sich angeboten, den Teil des Tötens selber zu übernehmen, denn… du hättest mich wirklich eiskalt getötet. Du kannst wirklich deine Gefühle wie ein Schalter ein- und ausschalten.

Keine… Ahnung ob Mutter sich im Kampf zurückgehalten hat, denn ich gab wirklich alles. Ich setzte all die von dir beigebrachten Techniken ein und… im letzten Moment sah ich einen Schwachpunkt bei meinen Gegner… den Rest kennen wir beide.

Vater. Mutter hat ihr Leben für meines ausgetauscht, damit… ich lebe. Du kannst sooft den Kopf schütteln wie du willst, es ändert nichts an der Tatsache… dass einiges an dem Kampf faul war. Ich bleibe bei meiner Version, denn… das lässt mich in gutem Glauben, dass meine Familie… doch nicht so böse ist. Vielleicht bist du das ja auch nicht, dieser… Kampf muss wirklich nicht stattfinden.“ flehte Suki am Ende.

„Der… Kampf wird stattfinden, ob ich es will oder nicht.“ sagte Satu nur, aber… etwas hat sich bei ihm geändert. Er… wirkte nachdenklicher, scheinbar konnte er die Worte seine Tochter doch nicht so ignorieren, wie er es gerne hätte.

„Dann… werde ich dich ebenfalls besiegen. Meine Tochter hat sich für den Weg der Gnade entschieden, dann muss ich doch auch ein gutes Vorbild sein oder?“ lächelt Suki schräg. „Ich werde dich besiegen und am Leben lassen. Vielleicht… kannst du ja was von mir lernen.

Danke… das ihr mir alle zugehört habt. Egal wie es… für mich enden wird, meine Worte wurden gesagt und angehört. Der Rest… liegt bei jedem selbst.“ sagte Suki noch und gab Wolf das Mikrofon wieder.

„Ich wünsche ihnen viel Glück, dass sie ihren Vater überleben.“ teilte Wolf seine Meinung direkt mit. „Wenn… dass wirklich so stimmt… dann sollten sich einige Clans wirklich an dir ein Beispiel nehmen und Veränderungen akzeptieren.“

Suki nickte und schaute ihren Vater an. „Bitte… Papa… Mutter hätte es nicht gewollt. Reicht es nicht… dass sie gestorben ist?“

„Es muss getan werden, was getan werden muss. Unsere Traditionen… haben uns all die Zeit am Leben erhalten, also halten wir uns weiter daran.“ bekam das Katzenmädchen zu hören.

„Gerade diese Traditionen zerstören uns aber Papa! Wie viel… Elend muss im Clan denn noch passieren, damit… die Traditionen wieder ihren Weg gehen? Reicht das wirklich nicht… das Mutter sich geopfert hat? Was ist mit den anderen Verlusten? Ich kann dir all… die Namen der Verstorbenen aufsagen, du wirst sie ebenfalls kennen!

Der alte Tierkönig… hat es wohl geahnt, welchen Weg unser Clan geht und hat diese Kinderopferung offiziell verboten, doch ihr habt sie ignoriert! Nun sind wir hier… und die Welt schaut zu, wie ein… Vater und eine Tochter sich gegenseitig bekämpfen!“

Man konnte die Enttäuschung am Gesicht von Suki ablesen, sie wischte sie die Tränen von Gesicht weg und stellte sich mit ihren Dolchen in den Kreis.

„Was… bedeutet eigentlich… „Orhami“?“ fragte Sina Melaine, die ihre Augen ebenfalls von den Tränen wischen musste. „Erm… das ist ein sehr altes Wort. Normalerweise… wenn das ein Mann sagt, will man damit ausdrücken, dass diese Person seine Geliebte ist. KANN auch von einer Frau ausgesprochen werden…

Doch im Fall von Suki meint sie eher damit, dass du ihre Mutter bist. Zwar hast du sie nicht geboren oder so… aber du gibst ihr das Gefühl einer Mutter. Das du ihr jederzeit die Tür offen hältst, wenn sie Probleme hat…

Was du ja auch machst oder? Du beschützt sie wie deine eigene Familie. Hast sie anständig trainiert, ihr ein Zuhause gegeben, alles… was sie sich im Herzen gewünscht hat und doch immer glaubte, nie zu bekommen für ihre Tat.“

Sina fiel auf die Knie und hielt sie mit beiden Händen ans Gesicht. „Diese… Ehre habe ich doch nicht verdient… Ich bin doch nur eine wandelnde Tötungsmaschine…“

„So… sehr ich dich trösten möchte, aber diesen Kampf will ich sehen.“ meinte Melaine nur. Sina brauchte mehrere Atemzüge, dann stand sie wieder auf.

„Wehe… du stirbst… meine Tochter.“ flüstert Sina sehr leise.